Anzeichen für eine ADHS

Mädchen und Frauen mit ADHS

ADHS und ADS

Der impulsiv-unaufmerksam-hyperaktive Typ (ADHS) bei Mädchen zeichnet sich schon früh durch viel Kraft in der Grobmotorik aus. Dabei werden die betroffenen Mädchen schnell ungeduldig, wenn die feinmotorische Bewegungskoordination nicht sofort funktioniert. Vielen bereitet das Malen und später das Schreiben große Mühe. Geplappert wird viel, oft zu viel, typischerweise vom einen zum nächsten springend, nicht selten, ohne aufhören zu können. Wie auch Jungs mit ADHS fällt es den Mädchen schwer, nachvollziehbar und zusammenhängend über etwas Erlebtes zu berichten. Mit dem Schulbeginn wird der impulsive, oberflächlich-springende Wahrnehmungsstil auffällig, der sowohl im Lern- und Leistungsbereich als auch der Selbstorganisation Probleme schafft. Leider bewirken Appelle wie „Schau doch mal richtig hin!“ nichts, wobei dasselbe Mädchen, das nie weiß, wo die eigenen Spielsachen sind, der Mama äußerst erfolgreich dabei helfen kann, die von ihrem verlegten Schlüssel zu finden.

Das vorwiegend unaufmerksame Mädchen (ADS) fällt im Vorschulalter meist noch nicht auf, wenn die Symptomatik nicht allzu stark ausgeprägt ist. Allerdings wirken die verträumten Mädchen oft unbeholfen und langsam. Mädchen wie Jungen mit ADS bekommen durch ihre Reizoffenheit mehr mit als andere Kinder, ihre Augen und Ohren sind überall. Manche ADS-Kinder saugen auf diese Weise auch die Stimmung ihrer Umgebung förmlich auf, sie sind regelrechte Seismographen der Stimmung ihrer Eltern. Vor allem Mädchen entwickeln daher häufig Ängste, ihrer Umgebung nicht zu genügen, da sie länger brauchen, bis sie in einer Situation den Überblick haben und sich orientieren können. Aufgrund des fehlenden Überblicks fühlen sich ADS-Mädchen nicht selten unsicher. Sie können sich nur schwer, oft nur spontan oder gar nicht entscheiden. Werden die Betroffenen zudem gedrängt, kritisiert oder man schimpft gar mit ihnen, so geht meist gar nichts mehr. Keinesfalls ist jedes Mädchen oder jede Frau mit AD(H)S primär ein unaufmerksames und langsames „Träumerchen“.

Manche Mädchen mit ADHS fallen schon früh durch eine Tendenz auf, im Mittelpunkt stehen zu wollen, aufmerksamkeitsheischend zu sein, immer das letzte Wort haben zu wollen, übermäßig kontaktfreudig oder gar distanzlos zu wirken. Sich nicht fremdbestimmt von einer Situation sogleich auf die nächste umstellen zu können, ist ein häufiges Problem bei ADHS und betrifft Mädchen und Frauen im gleichen Maße wie Jungen und Männer. Zudem haben ADHS- Betroffene nicht selten große Schwierigkeiten, Wissen und Erfahrungen unter Stress spontan abzurufen. Daher erleben sie sich bereits in frühen Kindertagen als vorgeführt und bloßgestellt. Fast alle Mädchen mit ADHS fühlen sich daher früher oder später „anders“ als andere und nehmen sich bisweilen selbst als komisch, dumm, faul oder gar verrückt wahr. Der Einfachheit halber verwenden wir im Folgenden nur noch die Bezeichnung ADHS und subsumieren darunter beide Erscheinungsbilder der Störung.

Gefühle, Bedürfnisse und Enttäuschungen

Zugleich wollen es viele Mädchen und Frauen mit ADHS allen rechtmachen, sie wollen helfen und gebraucht werden. So können viele der Betroffenen schlecht „Nein“ sagen, wenn sie um etwas gebeten werden. Dabei lassen sie sich für die Anerkennung in der Gemeinschaft bisweilen auch ausnutzen. Das Bedürfnis der Mädchen und Frauen mit ADHS nach Harmonie, Sicherheit und Ordnung ist meist deutlich stärker ausgeprägt als bei Jungen und Männern mit ADHS, auch wenn es den weiblichen Betroffenen gleichfalls häufig nicht gelingt, diese Ordnung und Harmonie in ihrem Leben zu schaffen. So bestehen bei ADHS-Betroffenen – wie bei den meisten Menschen – facettenreiche Erwartungen an das Umfeld, die allerdings am Ende einer langen Geschichte von Ermahnungen, Zurecht- und Zurückweisungen nicht mehr oder allenfalls vage formuliert werden, um sich vor dem völligen Gefühlsabsturz und totaler Enttäuschung zu schützen. Auffallend ist, dass Mädchen und Frauen mit ADHS meist zäher sind als Männer, regelrechte „Stehauffrauen“, die immer wieder auf die Beine kommen, auch wenn sie bittere Schicksalsschläge hinnehmen mussten. Berichten die Betroffenen in einem freundlichen Kontakt dem professionellen Gegenüber (zum Beispiel Ärzten und Therapeuten) über ihre Erfahrungen, so tun sie das nicht selten in einer souverän wirkenden Haltung. Deswegen hält man sie oft für stark und durchsetzungsfähig. Dennoch leben viele Frauen mit ADHS häufig am Rande ihrer Kräfte, fühlen sich hilflos und erschöpft. Dann verlieren sie bisweilen die Kontrolle über ihre Gefühle, was bei der ADHS, dem Syndrom der Extreme, blitzartig erfolgen kann. Die Umwelt reagiert auf solches Gefühlsausbrüche gleichermaßen rasch mit einem harten Urteil: Die Betroffenen werden als unberechenbar, ständig jammernd oder depressiv eingeschätzt.

Hier finden Sie einen Fragebogen zu ADHS bei Erwachsenen. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass dieser Test lediglich einen Verdachtsmoment für ADHS ergibt.

Keinesfalls lässt sich eine ADHS lediglich anhand des Tests einwandfrei diagnostizieren.

https://praxis-neuy.de/wp-content/uploads/2017/12/ads_fragebogen_erwachsene.pdf

Autorin: Dr. Astrid Neuy-Lobkowicz